Gehirn, Psyche und Verhalten

Angststörungen online behandeln

24.09.2021
Rund ein Viertel der Menschen in Deutschland leidet unter Angststörungen.  Foto: AdobeStock/Kittiphan Rund ein Viertel der Menschen in Deutschland leidet unter Angststörungen. Foto: AdobeStock/Kittiphan

Bis zu 14 Prozent der deutschen Bevölkerung sind an einer behandlungsbedürftigen Angststörung erkrankt, jeder Vierte leidet mindestens einmal im Leben darunter. Zu den wichtigsten Formen gehören die Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, die generalisierte Angststörung, die soziale Angststörung und spezifische Phobien wie etwa die Angst vor Spritzen. Um die Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie für diese psychische Erkrankung aktuell zu halten, hat ein Fach-Gremium die sogenannte S3-Leitlinie bearbeitet.

Bestätigt wurde, dass für die kognitive Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie weiterhin die meisten positiven Studienbefunde vorliegen. „Diese beiden Therapien stehen als Empfehlungen an erster Stelle“, sagt Prof. Dr. med. Borwin Bandelow von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen, der an der Leitlinienerstellung inhaltlich federführend beteiligt war. Aber die Leitlinie hält auch eine Neuerung bereit. „Künftig können Internetinterventionen angeboten werden“, sagt Leitlinien-Koordinator Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. „Solche Online-Programme lassen sich niedrigschwellig von zuhause durchführen, sind gut erreichbar und flexibel anwendbar.“ Dabei absolvieren Betroffene strukturierte Selbsthilfe-Programme, die meist verhaltenstherapeutische Anleitungen zur Bewältigung der Störung geben, oder die Patienten verfassen Blogs, die Therapeuten kommentieren – ein persönlicher Kontakt mit einem Therapeuten findet nicht statt. Für die soziale Phobie gibt es inzwischen auch ein erfolgreiches psychodynamisches Online-Programm.
Aktuelle Studien, die die Wirksamkeit der Online-Selbsthilfe untersuchen, berichten über ähnlich gute Effekte wie bei persönlichen Psychotherapien. Diese Ergebnisse betrachten die Experten allerdings mit Zurückhaltung. In der Leitliniengruppe bestand Einigkeit, dass eine Online-Therapie eine Psychotherapie keinesfalls ersetzen kann, sondern nur zur Überbrückung bis zum Beginn einer Psychotherapie oder als therapiebegleitende Maßnahme zur Vertiefung der Behandlung dienen sollte.

(red)